DIE VERSCHIEDENEN ASPEKTE DER PHLEGRÄISCHEN FELDER

 

Die Geschichte des Landes, der Wiege der westlichen Kultur, wird von den eindrucksvollen Darstellungen derselben überliefert.

 

 

In der Zeit zwischen dem 16. und 19.Jh. bereisten zahlreiche europäische und italienische Gelehrte die in vielen klassischen, lateinischen und griechischen Texten beschriebenen Phlegräischen Felder, um sie  persönlich kennen zu lernen. Die Schönheit der Orte sowie die reiche Geschichte inspirierten zur Verfassung von Tagebüchern oder Reisebeschreibungen, zur Realisierung von Entwürfen und Zeichnungen, die den Reiz und die Anmut der Orte bezeugten.

So entwickelte sich eine der bedeutendsten Herstellungen von Kunstwerken, die im Laufe der Jahrhunderte nicht nur die "zahlreichen Aspekte der Phlegräischen Felder" zusammenstellte, sondern sie zudem vollendete, um sie in den Memoiren von Petrarca und Goethe, in den Schriften von Dumas und Capaccio, in den Gemälden  von Van Wittel und Morghen, in den Stichen von Fabris oder Gigante weiterleben zu lassen.

Diese informative Ausstellung, die Zusammenfassung einer umfangreichen Kunstsammlung von Reproduktionen der Drucke und Gemälde jener Epoche, die zum ersten Mal von der Kultureinrichtung Oltre L'Averno zusammengestellt wurde, widmet sich durch die eindrucksvollen Abbildungen ausschließlich der Darstellung der Phlegräischen Felder. Die Bilder erzählen dem Reisenden oder dem Internet-Surfer die faszinierende Geschichte und die Legenden des "Gebietes, der sogenannten Wiege der westlichen Kultur": von der Niederlassung der Griechen in Cumae, wo das noch heute verwendete Chalkis-Cumae-Alphabet entstand, bis zur Begeisterung der Reisenden, die von den zauberhaften Orten und der ereignisreichen Geschichte gefesselt werden.

Die Phlegräischen Felder beeindrucken zudem durch ihre Geschichte, die sowohl durch poetische, als auch volkstümliche Erzählungen weitergegeben wurde, vom griechischen Mythos bis zur lateinischen Literatur, von den Tagebüchern  bis zu den säurehaltigen Gewässern, von den Farben berühmter Maler bis zu den unsichtbaren Zusammenhängen der Informatik. Durch dieses Land wird die Erinnerung an jene westliche Kultur lebendig gehalten, die auf unterschiedliche Weise "die Anfänge" setzte.

 DIE KARTEN DER PHLEGRÄISCHEN FELDER

KARTE 1

 

Die Phlegräischen Felder: eine naturgetreue Abbildung  eines realistischen Ortes  - Meister der Trugbilder 16.Jh.

 

Im Westen von Neapel erstreckt sich ein Gebiet, das sich durch die zahlreichen Krater, die etlichen Fumarolen und unzähligen Thermalquellen kennzeichnet. Ein geologisch junges Land, in dem im Jahr 1538 der jüngste Berg Europas, der Monte Nuovo entstand und wo die durch bradyseismische Bewegungen bewirkte Absenkung des Bodens noch heute zu beobachten ist, die den Küstenstrich mal unter, mal über den Meeresspiegel hebt.

 

KARTE 2

 

Der Golf von Pozzuoli und seine Umgebung - A. Bulifon - 18.Jh.

 

Die Landschaft ist sehr wechselhaft: die sanft abfallende Küste verdeckt die Sicht auf die "mondartige Oberfläche" der Solfatara, die wiederum "in Kontrast" zu der nicht weit entfernten und üppigen Macchia von intensivem Grün der Wälder steht, die von den hohen Hängen einiger Krater die Gewässer des Averner-Sees verdunkeln. Zusammen mit dem Fusaro-See, dem Lucrino-See und Miseno-See durchbricht sein blauschimmerndes Wasser das tiefe Grün der Felder: im Hintergrund säumt das weitläufige Meer die Umrisse der Inseln Ischia und Procida.

 

KARTE 3

 

Die Karte des Golfes von Pozzuoli und Baia - A. Cardon - 18.Jh.

 

Der Reiz der Landschaft und der Zauber eines Landes, das von zahlreichen Flüssen gerahmt und von den Dämpfen der noch heute bestehenden seismischen Aktivitäten umhüllt ist, regte die Fantasie der Griechen an, die hier einigen ihrer bedeutendsten Mythen den Ursprung setzten, wie zum Beispiel der des Typhon, der Riese aus dessen beigesetztem Körper Flammen und Dämpfe entsprangen oder der des Dädalus, der nach der Flucht aus dem für Minotauros auf Kreta errichteten Labyrinth nach Cumae flog.

 

KARTE 4

 

Kraterkarte - F. Morghen - 18.Jh.

 

Cumae, die älteste griechische Stadt Italiens. Hier erinnert die Grotte der Sibylle an die Poesie des Virgils und mit ihr beginnen die phlegräischen Monumente, die die nicht nur für Italien, sondern für die gesamte Welt bedeutende Geschichte bezeugen. Baia, der anmutigste und eindrucksvollste Ort des Reiches, Puteoli, der römische Hafen, der die Verbindungen zu sämtlichen Ländern des Mittelmeerraumes unterhielt, Miseno, der Militärhafen sowie das riesige Becken, das Petrarca als das "wundervolle Becken" bezeichnete.

 

KARTE 5

 

Topographische Karte des Real Officio Topografico - 1839

 

Eine faszinierende Geschichte wird fortgeführt: das Kastell der Aragonier von Baia bezeugt das Bestreben, die Phlegräischen Felder nach der Eruption im Jahr 1538 erneut zu bevölkern; die Trockenlegung des Agnano-Sees, der versinnbildlicht, wie der Mensch die Natur der Orte nach und nach zerstörte; die Fabrik Olivetti, die eines der eindrucksvollsten Exemplare der industriellen Architektur darstellt, erzählt über die Absicht moderne Strukturen mit der Geschichte und dem Zauber der Orte in Einklang zu bringen.

 

DIE ERSTE ETAPPE

 

VERGIL UND DIE PHLEGRÄISCHEN FELDER

 

Vergil hebt in der Beschreibung der Phlegräischen Felder die außergewöhnliche Verwicklung zwischen Geschichte und Legende über die Geburt einer Kultur hervor und verfasst darüber das IV. Buch der Aeneis, wobei er das Gebiet zwischen Cumae und Averner See als Ort der Verkündigung des "römischen Zeitalters" bezeichnet. Die Phlegräischen Felder wurden somit zu einem bedeutenden "Symbol" der klassischen Literatur und auf der ganzen Welt dafür anerkannt.

 

 

DRUCK 1

 

Porträt von Vergil - Ausschnitt aus der "Parnaso-Schule" - von Raffaello Sanzio

 

Auch in den Werken Vergils werden Cumae und der Averner See als mythische Orte "des Anfangs" bezeichnet. An der phlegräischen Küste lässt Vergil Miseno, den Trompeter von Aeneas  umkommen, so wie auch hier in der griechischen Legende Baios, der Steuermann von Odysseus seinen Tod findet. Dort, wo das Land aufgrund der seismischen Bewegungen seine Form verändert und demnach als der Ort des Endes und des Anfanges, des Averner und des Elysiums gilt, gibt es weiterhin keinen Grund für die Existenz der Piloten, die für jene Routen zuständig waren.

 

DRUCK 2

 

Die Grabstätte des Vergil - anonym aus dem 18.Jh.. - Coll. R. De Simone

 

Auf Wunsch des Dichters wurde die Grabstätte in Neapel errichtet und befindet sich heute hinter der Kirche S. Maria di Piedigrotta, neben dem Eingang der "Crypta Neapolitana", der "Neapolitanischen Krypta". Diese Anordnung ist historisch nicht belegt, da sich die Grabstätte gemäß antiker Historiker zwei Meilen von der "Porta Cumana" entfernt befinden müßte, das heißt etwa auf der Höhe der heutigen Villa Comunale, des Stadtparks von Neapel.

 

DRUCK 3

 

Die Grabstätte des Vergil - Außenanblick - M. Pfenninger / M.V. Brandoin - 18.Jh.

 

Im Laufe der folgenden Jahrhunderte verwandelte sich der Verfasser der Aeneis sowohl in der Fantasie der Gelehrten, als auch in der der einfachen Bürger in den "Meister und Magier", der Neapel und die Phlegräischen Felder, sein auserwähltes Vaterland beschützte. So wurde die Grabstätte nicht nur wegen der "literarischen Verehrung", die das Werk Vergils umgibt, sondern auch aufgrund einfältiger Volksglauben zu einem wahren "Kultort".

 

DRUCK 4

 

Die Grabstätte des Vergil - Innenanblick - Durau - 19.Jh.

 

Gemäß der Legende wurde die Grabstätte des Dichters von einem unbekannten englischen Arzt entweiht. Dieser Entehrung folgte ein wahrhaftiger Volksaufstand, woraufhin die Reliquien des "Meisters" in das Castel dell'Ovo verlegt wurden. Aus diesem Grund ist es jedoch heute unmöglich, ihre genaue Lage zu bestimmen. Doch was macht das schon für einen Unterschied? Jahrhundertelang stellte dieser Taubenschlag für die Verehrung der Gelehrten und die Anbetung eines ganzen Volkes den Mittelpunkt dar.

 

DRUCK 5

 

Die Sibylle von Cumae - in " Sibillarum de Christo..." - 15. / 16. Jh. - Coll. F. Parisio Perrotti

 

Gemäß der Legende war Sibylle eine über tausend Jahre alte Seherin, die in Cumae angekommen in der Nähe des Apollon-Tempels ihre Wahrsagungen verkündete. Sich auf diese antike Tradition berufend, vertraute Vergil seinen Weissagern die Prophezeiung über das Schicksal Roms an. Gemäß des Volksglaubens verkündete die Sibylle selbst die Geburt von Christus.

 

DIE ZWEITE ETAPPE

 

DIE "CRYPTA NAPOLITANA", DIE NEAPOLITANISCHE KRYPTA

 

Die "Crypta", auch "Grotta di Pozzuolo" genannt, da sie den Zugang zu dieser Stadt gewährte, durchzieht die Anhöhen, die sich vom Vomero bis nach Posillipo erstrecken und noch vor den Ausgrabungen den Golf von Neapel vom Golf von Pozzuoli trennen. Im Laufe des Bürgerkrieges, der Octavian und Pompeius als Gegner sah, wurde die Krypta aus militärischen Gründen und unter der Leitung des Architekten Lucio Cocceius Auctus ausgehoben.

 

DRUCK 1

 

Die "Grotta di Pozzuolo" - F. A. Letizia - 18.Jh.

 

Die Krypta grenzt direkt an die Grabstätte Vergils. Ein volkstümlicher Glaube schrieb dieses Werk einer wundersamen Tat des Dichters, "des Meisters  und Magiers" zu, der es in nur einer Nacht errichtet haben soll.  Doch war dieser Glaube so fest verwurzelt, dass selbst der König  versuchte bei Petrarca, zu Besuch in Neapel, Näheres zu erfahren. Dieser antwortete hingegen, dass ihm nicht bekannt sei, dass Vergil unter anderem als Steinbrecher tätig war.

 

DRUCK 2

 

Ansicht der östlichena Seite der Grotta di Posillipo - F. Morghen - 18.Jh.

 

Diese Galerie wurde anläßlich einer militärischen Umgestaltung des Wegenetzes zwischen Neapel, Pozzuoli, Lucrino und Cumae realisiert, wo der Stützpunkt der augusteischen Flotte angeordnet war. In der Tat entwarf und leitete Cocceius selbst die Ausführungsarbeiten dieser Galerie, der Galerie, die das Gebiet des Averner Sees mit Cumae verband sowie des Tunnels, der vom Hafen in das Inland von Cumae führte.

 

DRUCK 3

 

Zugang zur Grotta di Posillipo - dis. C. L. Chatelet - 18.Jh.

 

Seneca beschreibt die etwa sieben Hundert Meter lange und unregelmäßig verlaufende Grotte als einen langezogenen Kerker, in dem die Fackeln die Dunkelheit hervorheben, während der Staub so dicht ist, dass er dem Passanten, der ihn mit den Füßen aufwühlt, schlechthin den Atem nimmt.

 

DRUCK 4

 

Zugang zur "Crypta Neapolitana" - dis. H. Robert - 18.Jh.

 

Jahrhunderte später durchquert Dumas die Krypta und beschreibt sie wie folgt: "....wir waren erstaunt.....über den abscheulichen Ölgeruch, der von den 64, in dieser weitläufigen Höhle brennenden Lampen ausging. Trotz der 64 Lampen herrscht eine unbeschreibliche Dunkelheit in der Grotte..."

 

DRUCK 5

 

Die Grotta di Pozzuoli - dis. e lit. F. P. Aversano - 19.Jh.

 

Die von Cocceius Auctus realisierte Galerie wurde trotz zahlreicher Umbauten und Restaurationen bis in die Anfänge unseren Jahrhunderts genutzt, als aufgrund der Struktursenkungen die Realisierung eines niedrigeren Aufbaus erforderlich wurde, dort, wo heute die Galerie "Quattro Giornate" verläuft.

 

DRITTE ETAPPE

 

DER AGNANO-SEE

 

Die "Crypta" verlassend, traf man unverzüglich auf den Agnano-See und die "Grotta del Cane", die aufgrund ihrer Eigenschaften für die Reisenden der "Grand Tour" beliebte Ziele darstellten. Heute sind keine Anzeichen dieser Orte mehr zu entdecken. Es besteht nur noch eine Thermalanlage, deren Quellen in längst vergangenen Zeiten ausgenutzt wurden.

 

DRUCK 1

 

Der Agnano-See und die Grotta del Cane - dis.Hoefnagel - 16.Jh. inc. J. Blaeu und P. Mortier - 18.Jh.

 

In der Talsenke, in der sich heute die Pferderennbahn von Agnano und die nahe Thermalanlage erstrecken, befanden sich einst der Agnano-See, die Grotta del Cane und das Schwitzbad S.Germano, wie aus dem Gemälde hervorgeht, das Hoefnagel am Ende des 16.Jhs. schuf und aus den späteren Nachbildungen von Blaeu, Mortier und zahlreichen anderen Malern.

 

DRUCK 2

 

Der Agnano-See - F. A. Letizia - 18.Jh.

 

Der Agnano-See bildete sich durch die Ansammlung von Regenwasser in der Talsenke, das von den Hängen auf der Innenseite des Kraters hinabflossen. Diese Umweltentwicklung begünstigte das Wachstum einer üppigen Vegetation, die schließlich den See, die Thermalquellen sowie die "außergewöhnliche Grotte" unter sich vergrub.

 

DRUCK 3

 

Der Agnano-See - F. Villamena - 17.Jh.

 

Der See wurde zum sogenannten Rösten der Hanffaser genutzt, wodurch die Gewässer stark verschmutzten und zu einer gefährlichen Infektionsquelle wurden. Im Nachhinein, als diese Tätigkeit nur noch geringe Erträge abwarf, wurde das Jahre vorher entworfene Projekt der Trockenlegung in Angriff genommen, das jedoch erst nach der  Einigung Italiens vollendet wurde.

 

DRUCK 4

 

Die Grotta del Cane - F. A. Letizia - 18.Jh.

 

Die Grotte erhob sich einst längs der Seeufer. Im Inneren der Höhle erstreckte sich bis zu einer Höhe von dreißig Zentimetern eine Schicht von tödlichen Gasen. Das Experiment, das zur Zeit der Grand Tour mit Begeisterung verfolgt wurde, bestand darin einen Hund in die Grotte zu schleusen, der aufgrund der giftigen Gase nach nur wenigen Augenblicken das Bewusstsein verlor. Wäre das Tier nicht unverzüglich aus der Kaverne geholt worden, hätte dieser Versuch ohne Zweifel tödliche Folgen mit sich gezogen.

 

DRUCK 5

 

Der Agnano-See und die Grotta del Cane - G. Gigante - 19.Jh.

 

Dumas schildert seine Erfahrung so: "Der Besitzer schickte (den Hund) hinein... kaum im Innern, ... schnellte er empor, stellte sich auf seine Hinterpfoten, um seinen Kopf aus der übel riechenden Luft zu halten, die ihn umgab. Doch alles war zwecklos: schon bald geriet er ins Wanken, versteifte seine Glieder, zappelte, wie bei einem Todeskampf und blieb schließlich.....reglos liegen.....sein Maul von Schaum gesäumt.....Ich hielt ihn für tot."

 

VIERTE ETAPPE

 

VEDUTEN VON POZZUOLI

 

Vom Agnano-See entlang der heutigen Via Domitiana in Richtung Pozzuoli erreicht man das Kapuzinerkloster, das die Kirche S. Gennaro beherbergt. Von einer natürlichen Terrasse aus genießt man die eindrucksvollsten Ausblicke auf Pozzuoli und einen Großteil der Phlegräischen Felder.

 

DRUCK 1

 

Blick auf den Golf von Pozzuoli - H. Van Clève - 16.Jh.

 

Das Gemälde weicht zwar stark von der wahren Erscheinung dieser Landschaft ab, doch beinhaltet es die faszinierendsten und bemerkenswertesten Orte von Pozzuoli und den Phlegräischen Feldern. Ohne es je gesehen zu haben, stellt der Künstler dieses Gebiet genau so dar, wie es in den Erzählungen der Reisenden und in klassischen Texten beschrieben wurde.

 

DRUCK 2

 

Blick auf Pozzuoli und den Golf der Phlegräischen Felder- S. Furck - 17.Jh.

 

Mit dieser "Darstellung" verfälscht der Künstler weiterhin sowohl die Ortschaften, als auch die Landschaft selbst, berücksichtigt jedoch die Anwesenheit und Anordnung der "Monumente". Deutlich erkennbar sind die Überreste der "Mole", die Caligula errichten ließ, um die Ausläufer des Golfes zu verbinden und ihn somit zu Pferd überqueren zu können, womit er den Weissagungen gerecht geworden wurde, die ihm nach einem derartigen Erfolg die Kaiserkrone prophezeihten.

 

DRUCK 3

 

Blick auf Pozzuoli und das phlegräische Gebiet - F. A. Letizia - 18.Jh.

 

Im Mittelpunkt des Gemäldes hebt sich die "Rione Terra", das "antike Herz" der Stadt Pozzuoli hervor. Dieses Viertel wurde schon zur Zeit der Akropolis der Dikaiarchia, der ersten Ansiedlung griechischer Emigranten, im römischen Putueoli und bis ins heutige Jahrhundert als wahres Zentrum der Stadt bezeichnet. Nach den bradyseismischen Phänomenen im Jahr 1970, die ein fluchartiges Verlassen der Stadt mit sich führten, ist heute erneut ein lebendiges Treiben zu beobachten.

 

DRUCK 5

 

Rione Terra und Capo Miseno - A. Senape - 19.Jh.

 

Kaum erkennbar im Zentrum des Gemäldes sind die drei Säulen des sogenannten Serapis-Tempels.  Sie könnten als Wahrzeichen der Stadt bezeichnet werden, nicht nur, weil sie an die glanzvolle Vergangenheit dieses bedeutenden Handelshafen erinnern, sondern da sie Zeichen der bradyseismischen Phänomene aufweisen. Aufgrund dieser Phänomene befinden sich die Säulen mal unterhalb des Meeresspiegels, mal oberhalb und tragen somit deutliche Spuren dieser Bodenbewegungen.

 

DRUCK 6

 

Gesamtanblick von Pozzuoli - F. Benoist - 19.Jh.

 

Deutlich ragen die Anhöhen der Golfausläufer empor: links die Anhöhe, auf der sich die Rione Terra, die römische Hochburg erhebt, die dem Angriff Hannibals standhielt und rechts die von Capo Miseno. Gemäß der Legende, die aufgrund der grabhügelartigen Form der Anhöhe von Capo Miseno entstand, soll hier der gleichnamige, mythische Trompeter von Aeneas begraben liegen.

 

FÜNFTE ETAPPE

 

DIE SOLFATARA

 

Nicht weit vom Kapuzinerkloster entfernt, nur wenige Meter in Richtung Pozzuoli, öffnet sich der Eingang der Solfatara. Von allen Kratern, die über das gesamte Gebiet verteilt sind und trotz der zahlreichen, vom Menschen und der Natur verursachten Veränderungen noch deutlich zu erkennen sind, ist die Solfatara der einzige, heute noch aktive Krater.

 

DRUCK 1

 

Das Innere der Solfatara - G. Hoefnagel - 16.Jh.

 

Der Vulkan der Solfatara entstand vor etwa viertausend Jahren, das heißt nicht viel später als der Krater von Agnano, während der Astroni-Krater auf noch vergangenere Zeiten zurückgeht. Strabon, ein römischer Historiker und Geograph, bezeichnete den Krater in seinem Werk "Geographia" als "Forum Vulcani".

 

DRUCK 2

 

Das Innere der Solfatara - J. Von Sandrart - 17.Jh.

 

Petronius, der Verfasser des satirischen Romans Satyricon beschreibt den Krater so: "Es besteht zwischen Neapolis und den weitläufigen Felden von Dikaiarchia ein Ort tief unten in der Talsenke, benässt von den Gewässern des Kozytus; in der Tat steigen aus siedenen Schlammtümpeln unheimliche Dämpfe empor, die sich als erstickender Nebel verbreiten...".

 

DRUCK 3

 

Das Innere der Solfatara - C. De Bois - 17.Jh.

 

Die Solfatara war jedoch nicht immer ein, wie von Petronius beschriebener "unheimlicher Ort". Zu vergangenen Zeiten wurden die reichen Mineralquellen ausgenutzt, aus denen man Kaliumalaun für den medizinischen Bereich gewann sowie Alaune, die in der römischen Küche zum Andicken von Soßen verwendet wurden.

 

DRUCK 4

 

Das Forum Vulcani, die heutige Solfatara - F. Villamena - 17.Jh.

 

Die Solfatara wurde unter anderem als "die Talsenke der unzähligen Farben" bezeichnet, die die Malerei des 17.Jhs. in Neapel belebte. In der Tat wurden Natriumalaune, Bleie, Schwefel, Eisensulfate, Zinnober und Realgar "entnommen", gewaschen, gebrannt, gemahlen und schließlich in die grauen, gelben, grünen und roten Farbtöne des neapolitanischen 17.Jhs. verwandelt.

 

DRUCK 5

 

Solfatara - G. Vinci - 19.Jh.

 

Besteht Interesse für den Vulkanismus und die Geologie, stellt die Solfatara, die ohne Zweifel leichter zu besichtigen ist, als der Vesuv oder der Ätna, ein beliebtes Ziel für zahlreiche Reisende und Gelehrte dar, sowie die unzähligen Ausflugsrouten, die das phlegräische Gebiet durchqueren und die Möglichkeit bieten die Beschaffenheit des Bodens, die Landschaft, die Geschichte und die Archäologie zu bewundern und kennenzulernen.

 

SECHSTE ETAPPE

 

DIE MONUMENTE VON POZZUOLI

 

Eine tausendjährige Stadt, die auf verschiedene Weise bedeutenden Ereignissen beiwohnte und an fast jeder Straßenecke mit ihren historischen Bauwerken, den Monumenten oder mit einem einfachen Stein an eine außergewöhnlich faszinierende Geschichte erinnert. In diesem an Erinnerungen reichen und weitläufigen Ort bewundert man trotz der Verwahrlosung, die von der Zeit, dem Menschen und den bradyseismischen Bewegungen verursacht wurde, noch heute Monumente, die sich eines erstaunlichen Ansehens rühmen.

 

DRUCK 1

 

Das Amphitheater Flavius - G. Magri und G. Volpato - 18.Jh.

 

Das Amphitheater Flavius ist nach dem Kolosseum und dem Amphitheater in Capua das drittgrößte in Italien. Es wurde vermutlich zu Zeiten Neros errichtet und beherbergte die großartigen Spiele und Kämpfe, die zu Ehren von Mithridates, König von Armenien aufgeführt wurden. Hier fanden die Martyrien der heiligen Januarius und Procolus statt, die jeweils die Schutzpatrone von Neapel und Pozzuoli waren. Die Ausgrabungsarbeiten, die im Jahr 1839 begannen wurden unter der Leitung des Archäologen Amedeo Maiuri im Jahr 1947 beendet.

 

DRUCK 2

 

Templum Iovis - F. Morghen - 18.Jh.

 

Der Tempel wurde auf dem Gipfel der Akropolis, der heutigen Rione Terra, zur Zeit der Niederlassung römischer Kolonien errichtet. Kaiser Augustus veranlasste vermutlich unter der Leitung des Architekten Lucius Cocceius Auctus eine vollkommene Restaurierung dieser christlichen Basilika, die im Jahr 1643  größtenteils in das monumentale Bauwerk des Doms eingegliedert wurde und im Jahr 1964 bei einem verheerendem Brand zum Vorschein kam.

 

DRUCK 3

 

Templum Neptuni - F. Villamena - 17.Jh.

 

Geht man von Pozzuoli aus weiter in Richtung Lucrino, trifft man nicht weit entfernt vom Amphitheater Flavius auf die Überreste des Neptun-Tempels. Im Grunde genommen handelte es sich hierbei nicht um einen Tempel, sondern um einen Bäderkomplex, den größten der antiken Stadt Puteoli, dessen mehrgeschössiger Bau sich auf eindrucksvolle Weise über den zum Meer hin gewandten Hang der Anhöhe erstreckt, so als wollte er die in dem Hafen anreisenden Besucher in Erstaunen versetzen.

 

 

 

DRUCK 4

 

Der Serapis-Tempe - A. Senape - 19.Jh.

 

Während der Ausgrabungen, die in der Zeit zwischen 1750 und 1818 vorgenommen wurden und das Monument von den dicht gewachsenen Weinreben befreiten, wurde eine Statue des ägyptischen Gottes Serapis gefunden, nach der später der gesamte Komplex benannt wurde. Tatsächlich handelte es sich um einen der größten Märkte (Macellum) jener Zeit, der die Wichtigkeit des Hafens und die Bedeutung der Stadt hervorhob. Im Laufe des 19.Jhs. wurde der Komplex aufgrund der zahlreichen Wasserquellen teilweise als Thermalanlage genutzt.

 

 

 

DRUCK 5

 

Die Villa von Cicero, die sogenannte Akademie - anonym - im "FORESTIERE" verf. 1818

 

So beschrieb Plinius das Wohnhaus des berühmtesten Rechtsgelehrten der Antike: "geht man in Richtung Averner See in Pozzuoli, erblickt man ein prunkvolles Landhaus am Meeresufer, berühmt aufgrund des prächtigen Säulenganges und der üppigen Wälder, das Cicero Accademia, Akademie nannte".

 

DRUCK 6

 

Die Straße der Grabstätten - C. J. Billmark - 19.Jh.

 

Entlang der noch heute so benannten Via Campana erhoben sich einst monumentale Grabstätten inmitten der zahlreichen Läden, Landhäuser und Wirtshäuser. Die ersten Beschreibungen über diesen Ort gehen auf das 18.Jh. zurück, als die Grabstätten von den örtlichen Bauern als Zufluchtsorte, Ställe oder Wohnhäuser genutzt wurden. Der davon beeindruckte Goethe schrieb sodann, dass in diesem Land das Leben aus dem Tod entsteht, so wie die Seismizität den Anfang und das Ende der Orte bestimmt.

 

SIEBTE ETAPPE

 

DIE ORTE VON POZZUOLI

 

Die Orte, ihre natürlichen Eigenschaften sowie ihre Anordnung berichten und bezeugen die Geschichte einer materiellen Kultur, die sich bemühte alles zu nutzen, was die Natur ihr bot. Auf diese Weise entwickelte und bereicherte sie sich, bis sie sich schließlich einer der fortschrittlichsten Modernisation rühmen konnte, ohne jedoch selbst bei langandauernden und starken seismischen Bewegungen die Liebe zu ihrem eigenen Land zu verlieren.

 

 

 

DRUCK 1

 

Blick auf die nord-westliche Seite von Pozzuoli und das antike Puteoli  - W. L. Leitch - 19.Jh.

 

Eine Stadt am Meer, vom antiken Hafen Roms über den Anlegeplatz der Fischerboote, über den Hafen, der das Festland mit den Inseln Ischia und Procida verbindet bis zum Fischmarkt, der einst zu den bedeutendsten Märkten von Italien zählte und noch heute von den alten Fischern genutzt wird, die ihre Netze auf den Hafenstraßen ausbreiten und flicken.

 

 

 

DRUCK 2

 

Anblick des Puzzolansteinbruchs - C. L. Chatelet - 18.Jh.

 

Mit der Entdeckung des Pulvis puteolanus, des sogenannten "Puzzolan", ein Vulkansand, der noch heute im Baugewerbe häufig verwendet, und des Tuffsteins, ein weiteres, sehr verwendetes Material, begann die Ausnutzung der Tuffstein- und Puzzolansteinbrüche. Und so zeigen sich noch heute die parthenopäischen und phlegräische Städte: das Material für die Häuser und Paläste werden direkt aus dem Inneren der Erde gewonnen, auf denen sie lasten.

 

 

 

DRUCK 3

 

Das Hafen von Pozzuoli - T. Duclère - 19.Jh.

 

Die Stadt wurde schon zur Zeit ihrer Gründung zum Handelshafen bestimmt. Rom befestigte Puteoli, um Hannibal keine Möglichkeit zu lassen einen Ort im Mittelmeerraum zu erobern. Der Anblick des Hafens, der nicht nur Schauplatz bedeutender Ereignisse war, variierte seither durch die Verwandlung des Küstenstriches, der mal von den Gewässern überspült, mal aus ihnen herausragte. In die gegenwärtige Mole wurde die ehemalige, von Caligula errichtete Mole eingegliedert, während die Kaimauern bis weit über die antiken Strukturen hinaus ins Meer reichen.

 

 

 

DRUCK 4

 

Die Straße von Pozzuoli - L. Th. Turpin de Crissè - 19.Jh.

 

Häufig beschrieben die antiken Reisenden den Reiz und Zauber einer üppig grünen Landschaft; ein mildes Klima und ein Boden getränkt von Pflanzensaft machen die Phlegräischen Felder zu einem der fruchtbarsten Gebiete. Stazio und Giovenale rühmten den Monte Gauro aufgrund seiner ausgezeichneten Weine und die phlegräischen Gemüsefelder belieferten über lange Zeit die Märkte von Neapel. Dann veränderten der Mensch und die Zeit nach und nach die Landschaft, doch heute florieren erneut die Weinkeller mit ihren typischen Weinsorten sowie die Gewächshäuser, in denen Obst-und Gemüse angebaut wird.

 

 

 

DRUCK 5

 

Rione Terra - von P. R. Klein - 19.Jh.

 

Im 5.Jh.n.Chr. versank Puteoli und entwickelte sich zu einem Sumpfgebiet. Aufgrund der Malaria und der zahlreichen Streifzüge beschränkte sich die gesamte Stadt nun auf die Hochburg, die sich zu einem mittelalterlichen Dorf ohne Namen entwickelte, wie aus den Werken des Geographen Idrisi hervorgeht. Im 13.Jh. tauchte das Land erneut aus den Meergewässern empor, die Aristokraten begannen mit der Restaurierung des Dorfes und das Volk siedelte aus. Im 19.Jh. wandte sich die Situation; im Jahr 1970 vertrieben die bradyseismischen Bewegungen die Bürger aus dem Dorf; heute lebt es durch die Restaurierung antiker Überreste erneut auf.

 

 

 

DRUCK 6

 

Der Platz und die Statue von Mavorzio - G Gigante - 19.Jh.

 

Dieser Platz, deutliches Zeichen für die Entwicklung der Stadt, erstreckt sich vor der Statue des Patriziers Mavorzio, der sich sehr für die antike Stadt Puteoli  einsetzte. Bis zu dem Zeitpunkt, in dem sich aufgrund der bradyseismischen Bewegungen im Jahr 1970 und im Jahr 1983, die zahlreiche Opfer forderte, administrative Ämter und antike Traditionen vernichteten, die neuen Viertel Toiano und Monterusciello bildeten, stellte der Platz den Mittelpunkt des städtischen Lebens dar.

 

ACHTE ETAPPE

 

ARCO FELICE

 

Fährt man von Pozzuoli aus in Richtung Cumae, durchquert man noch heute die Ortschaft Arco Felice und verfolgt die Straße, die unter dem Rundbogen hindurchführt.  Diese Straßestrecke, Teil der originalen und antiken Via Domitiana, ist von dem Grün überwuchert, das schon von den ersten Reisenden beschrieben wurde. Sie führt direkt zu der nicht weit entfernten natürlichen Terrasse, die einen faszinierenden Ausblick auf die üppig grüne Anhöhe von Cumae, die antike Akropolis bietet, die gewaltig emporragt und über die sich unterhalb erstreckene Ebene dominiert.

 

DRUCK 1

 

Arco Felice und Cumae - F Villamena - 17.Jh.

 

Der Rundbogen wurde im Jahr 95 n.Chr. errichtet, um die Via Domitiano direkt durch den Monte Grillo zu führen. Andererseits wäre es erforderlich gewesen, die Straße rund um den Berg oder steil über ihn verlaufen zu lassen, um von dieser Seite in die antike Stadt zu gelangen, die sich im Osten mit dem monumentalen Rundbogen als Eingangstor schmückte.

 

DRUCK 2

 

Blick auf ein eindrucksvolles Bauwerk auf der Via di Cuma, auch Arco Felice genannt- A. Zaballi - 18.Jh.

 

Es wied angenommen, dass die Öffnung im Berg, die vermutlich auf die Zeit der Griechen in Cumae zurückgeht, für die Errichtung des Rundbogens erweitert werden musste. Auf dieser Weise diente das Bauwerk nicht nur als Durchgang, sondern auch als tragenden Struktur, um einen eventuellen Einsturz oder die Absenkung der Hänge des Monte Grillo zu vermeiden.

 

DRUCK 3

 

Arco Felice - Ph. Benoist - 19.Jh.

 

Über dem Stadttor mit dem zwanzig Meter hohen Rundbogen herrschten einst zwei Ordnungen aus Rundbögen und auf den beiden Seitenwänden öffneten sich Nischen, die unterschiedliche Statuen beherbergten. Das gesamte Bauwerk schmückte sich mit einer Verkleidung aus weißem Marmor.

 

DRUCK 4

 

Arco Felice - R. Muller - 19.Jh.

 

Unzählige Bauwerksveränderungen und Restaurierungen verfälschten im Laufe der Zeit die ursprüngliche Erscheinung des Rundbogens, der somit neben der Marmorverkleidung auch die oberen Rundbögen einbüßte. Die orientalische Fassade wurde hingegen am Ende des 18.Jhs. restauriert. Trotz allem ist dieses "gewaltige Bauwerk" sowie seine Umgebung von außergewöhnlichem Reiz und kündigen den Zauber der berühmten Grotte der Sibylle an, die heute durch den Rundbogen zu erreichen ist.

 

NEUNTE ETAPPE

 

CUMAE

 

Durch den Arco Felice erreicht man schließlich Cumae, die älteste "polis" (griechische Stadt) Italiens, den mythischen Ort der Sibylle, die Stadt, aus der sich die griechischen Kolonien von Dikaiarchia und Parthenope (Pozzuoli und Neapel) bildeten. Von dieser bedeutenden Stadt, die sich von der Akropolis bis auf den gegenüberliegenden Hang des Monte Grillo, auf der einen Seite bis Licola und auf der anderen bis zum Fusaro-See ausdehnte, können heute noch imposante Ruinen und weitläufige Grotten bewundert werden.

 

DRUCK 1

 

Cumae - von G. C. Capaccio: Anonym - 17.Jh.

 

Die aus Chalkis stammenden Kolonien befanden sich auf hoher See, auf der Suche nach einem neuen Vaterland. Eine weiße Taube, die plötzlich über sie hinwegflog, zeigte ihnen die Fahrtrichtung an. Sie führte die Kolonien bis nach Cumae. Die fernen Töne der Cymbale erreichten die Schiffe. Sie konnten nur von einem nahen Land her klingen und die griechischen Kolonien setzen ihre Reise in diese Richtung fort, bis nach Cumae. So erzählen Velleius Patercolus und Stazio die Geschichte von Apollon, wie er die Einwohner Chalkis bis nach Cumae führte.

 

DRUCK 2

 

Cumae - M. Horthemels - 18.Jh.

 

Dädalus stieg vom Himmel herab und errichtete dem Sonnengott einen Tempel, da dieser seine Wachsflügel verschonte. Die Inschrift auf den Goldverzierungen der Tempelportale wurde von Dädalus selbst eingraviert und erzählt die faszinierende Geschichte: die Errichtung des Labyrinths in Knossos, die Gefangenschaft durch Minotaurus, die Flucht mit Ikarus, die mit Hilfe von Wachs-und Federflügeln entkommen, der Absturz von Ikarus und die Ankunft in Cumae. So beschreibt Vergil die Gründung der von Apollon geschützten, griechischen Stadt Cumae

 

DRUCK 3

 

Cumae - von Th. Salomon: Anonym - 18.Jh.

 

Zauberhafte Legenden über die Entwicklung einer Kultur. Die Griechen, die während ihrer Schiffsreisen entlang der italienischen Küste zahlreiche Siedlungen gegründet und ihren Handel dort begonnen hatten, ließen sich in den schon erkundeten Ländern entweder aus politischen Motiven oder aus Gründen der Überbevölkerung nieder. Auch für Cumae war es vermutlich so, da sich die Stadt ganz in der Nähe der griechischen Ansiedlung Pithecussai, der kleinen Insel Vivara nahe Procida befand.

 

DRUCK 4

 

Die Mauern von Cumae - F. Morghen - 18.Jh.

 

Auf dem Territorium von Cumae bestand schon ein oskisches Dorf. Die Kolonien aus Chalkis schlossen sich mit den Einheimischen zusammen und gründeten die Stadt, die ihren Einfluss auf die Orte entlang der Küste ausübte, deren Namen noch heute an dieses antike Abenteuer erinnern: Miseno, Pozzuoli, Partenope. Weit mehr verbreitete sich der kulturelle Einfluss dieser Stadt: dem Chalkis-Cumae-Alphabet ist es zuzuschreiben, dass wir heute mit den Buchstaben diese Wörter formen können.

 

DRUCK 5

 

Außenanblick der Mauern von Cumae - F. Morghen - 18.Jh.

 

Cumae öffnete sich in Augusteischem Zeitalter der Welt. Die Ideologie des Kaiserreiches gründete sich auf die prophetischen Eigenschaften der Götter, wie der Kult des Apollon, dessen antike Ursprünge in Cumae liegen. Aus diesem Grund verlegte Vergil, Dichter von Kaiser Augustus, in seinem 6.Buch der Aeneis  die Ankündigung Roms und seiner Großartigkeit nach Cumae, in die Stadt Apollons und der Sibylle. Cumae aus der Aeneis wurde somit in der ganzen Welt bekannt, von der Gründung, über die Geschichte bis hin zur Legende.

 

DRUCK 6

 

Der Eingang zur Grotte der Sibylle - G. Hoefnagel - 16.Jh.

 

Die Sibylle führte Aeneas in den Averner See, wo ihm die Zukunft von Rom vorhergesagt wurde

 

Demnach musste man entlang des Averner Sees die von Vergil beschriebene Grotte der Sibylle suchen. Man traf auf eine lange Höhle, die vom Averner See bis zum Lucrino-See führte. Über Jahrhunderte lang wurde sie für die Grotte des Orakels gehalten und stellte ein beliebtes Ziel für die Reisenden der Grand Tour dar. Doch offenbarte die Höhle plötzlich ihre militärische Funktion und die Suche nach der berühmten Grotte wurde erneut aufgenommen.

 

DRUCK 7

 

Die Grotte der Sibylle - von "I Campi Flegrei" Marsilio-Verlag

 

Erst Amedeo Maiuri entdeckte und beschrieb im Jahr 1932 "den langen und trapezförmigen Gang, hoch und feierlich, wie das Schiff eines Tempels und die mit Gewölben und Nischen ausgestattete Grotte... Das war die Grotte der Sibylle..." Auch um diesen Standort gab es zahlreiche Debatten, doch der Zauber des hereinströmenden Lichtes und die Klänge, die sich von der Höhle aus bis weit über das Meer verbreiten, erinnern stark an "die Höhle der Prophezeiung, die uns durch die poetische Beschreibung Vergils erschien" .

 

ZEHNTE ETAPPE

 

DER FUSARO-SEE

 

Von Cumae aus sollte man in Richtung Baia fahren, zum schönsten Golf der Welt, wie Orazio ihn beschrieb, entlang der Straße, die an Torregaveta und an der wundervollen Villa Vatia vorbeiführt, an Cappella, über die antike Via di Mercato del Sabato, die bis nach Miliscola und Miseno führt, den Stützpunkten der Flotte von Miseno. Diese Route verfolgend, erreicht man nicht weit entfernt von Cumae den Fusaro-See, den mythischen Sumpf von Acheron.

 

DRUCK 1

 

Der Fusaro-See - von A. G. Coste - 19.Jh.

 

In der Legende wird der Fusaro-See als der Sumpf von Acheron aus dem Totenreich bezeichnet, so wie das Mare Morto und seine Landschaft als Elysische Felder. Zu römischer Zeit schmückten sich die Ufer des See mit zahlreichen, prunkvollen Patrizierhäusern und Thermalanlagen, die mit natürlichen Warmwasserbecken ausgestattet waren. Heute können nur wenige Überreste und eine noch zauberhafte Landschaft bewundert werden.

 

DRUCK 2

 

Der Fusaro-See - Santarelli - 19.Jh.

 

Um den wahren Reiz dieses Ortes kennenzulernen, muss man ihn zu verschiedenen Tagesstunden besuchen und die Veränderung der Schatten und Farben wahrnehmen, die die gesamte Landschaft umzugestalten scheinen.  Bei Sonnenuntergang spiegelt sich der ferne Monte Epomeo in den Gewässern des Sees wider, während sich der Waldstreifen am Horizont nach und nach verdunkelt und in harmoinischem Einklang mit dem in Rosa-und Rottönen leuchtenden Himmel steht.

 

DRUCK 3

 

Die Casina Vanvitelliana auf dem Fusaro-See - A. Vianelli - 19.Jh.

 

Von dem Reiz der Orte und der Jagdbeute musste Ferdinand IV. von Bourbon wohl sehr beeindruckt sein, denn er ließ sich hier ein eindrucksvolles Jagdhaus errichten. Mit dem Entwurf und der Realisierung wurde Carlo Vanvitelli beauftragt, der jedoch darauf bedacht war den Zauber dieser Landschaft nicht zu beeinträchtigen. Und so entstand auf einer kleinen Vulkaninsel inmitten des Sees eine vieleckige, grau-blaue Konstruktion, die aus dem Wasser emporzuragen und seine Farben angenommen zu haben scheint.

 

DRUCK 4

 

Die Casina Vanvitelliana auf dem Fusaro-See - B. Pinelli - 19.Jh.

 

Die Residenz, die reich mit Seide aus San Leucio und Gemälden von Hackert dekoriert war, wurde im Nachhinein mit Bauwerken auf dem Festland bereichert sowie in den Anfängen des Jahrhunderts mit einer stilvollen Holzbrücke, die die Insel mit den Seeufern verband. Für den Bourbonenkönig war sie ein Ort der Entspannung, für Mozart, Rossini und den Zar ein Urlaubsziel. Obwohl das königliche Jagdschloss vollständig ausgeräumt wurde, bewahrt es noch heute seinen unvergänglichen Reiz.

 

DRUCK 5

 

Die Mündungen des Fusaro-Sees - G. Gigante - 19.Jh.

 

Zwei Kanäle führten von diesem See zum Meer, um einen entsprechenden Wasserwechsel zu begünstigen. Der wahre Zauber dieser Landschaft kommt in dem Gemälde von Giacinto Gigante deutlich zum Ausdruck.

 

ELFTE ETAPPE

 

MISENO

 

Verläßt man den Fusaro-See und verfolgt die Straße in Richtung Bacoli, vorbei an Cappella - der antiken Nekropole von Miseno - erreicht man den Monte Miseno: das Vorgebirge, das im Süden den Golf von Pozzuoli begrenzt. Aufgrund seiner strategisch günstigen Lage diente dieser Berg den Griechen als Verteidigungsstutzpunkt im Golf von Neapel. Als römische Ansiedlung im 2.Jh.v.Chr., wurde sie am Ende des 1.Jh.v.Chr. zum Militärhafen der Classis Misenensis umgewandelt.

 

DRUCK 1

 

Blick auf Capo Miseno - G. Gigante - 19.Jh.

 

Der Berg weist die Form eines Grabhügels auf und wurde nach dem Helden benannt, der unter ihm begraben liegt: Miseno, Gefährte von Odysseus und gemäß der griechischen Mythologie und der Legende Vergils Trompeter von Aeneas. Hier erhob sich die Villa der Gracchi, die von dem Philosophen aus Cumae Blossio unterrichtet wurden und hier wurde die Militi schola, die Militärschule, - später Miliscola genannt - für die Matrosen der augusteischen Flotte gegründet, die Agrippa vom Portus Iulius  - Lucrino - in die Gewässer von Miseno und Mare Morto verlegte.

 

DRUCK 2

 

Die Grotta della Dragonara - M. Sadeler - 17.Jh.

 

Bevor Miseno zum Militärhafen umgewandelt wurde, schmückte sich die Landschaft mit wundervollen Patrizierhäusern. Eine dieser Villen wird von dem Fabeldichter Fedro folgend beschrieben: "die Villa des Lucullus thront auf dem Berg und überblickt auf der einen Seite das Meer Siziliens und auf der anderen das Tyrrhenische Meer". Die Grotta della Dragonara war vermutlich die Zisterne dieser Residenz, die zu den Besitztümern des Popularen-Führers Gaius Marius zählte und gemäß des Historikers Tacitus Schauplatz des Todeskampfes von Tiberius war.

 

DRUCK 3

 

Die Grotta della Dragonara - F. Morghen - 18.Jh.

 

Deutlich zu erkennen ist die Zisterne der Dragonara vom Strand von Capo Miseno aus. Sie ist zwischen drei und sieben Metern hoch und wurde direkt in den Tuffstein der Anhöhe gegraben und durch vier Säulenreihen in fünf Schiffe unterteilt. Sowohl die Säulen, als auch die Wände sind mit einem Gitter verkleidet, auf dem wasserundurchlässiges Tonmaterial aufgetragen wurde.

 

 

 

DRUCK 4

 

Die Villa von Lucullus - F. Villamena - 17.Jh.

 

Francesco Villamena stellt die Landschaft, in der sich die Grotta della Dragonara befinden müsste, nach eigenen Vorstellungen dar. Im Hintergrund der mons prochyti adversum, der Berg auf der gegenüberliegenden Seite von Procida - heute Monte di Procida genannt- und der Monte Miseno mit dem schon zu römischer Zeit betriebsfähigen Leuchtturm. Im Vordergrund die Villa von Lucullus mit dem angrenzenden Bad: das antrum dragonarum

 

DRUCK 5

 

Das Theater von Miseno - F. Morghen - 18.Jh.

 

Der Wohn-und Militärort Miseno beherbergte die Matrosen der Flotte (etwa 6.000), Freigelassene oder kaiserliche Sklaven, die dem Kaiser treu ergeben waren. Nach dem Tod des Kaisers wurde sein Anlitz für den im Sacellum der Augustalen ausgeübten Kult verwendet. Überreste der Statuen sind heute im Kastell von Baia ausgestellt. Nicht weit entfernt vom Sacellum erhob sich das Theater, das nicht sehr weitläufig war und direkt an die Anhöhe grenzte. Ein Teil des unteren Ganges ist der Öffentlichkeit zur Besichtigung freigegeben.

 

ZWÖLFTE ETAPPE

 

BACOLI

 

Eine Aufeinanderfolge von prunkvollen Villen schmückt die Ufer von Lucrino bis nach Miseno. Es handelt sich um die "regia baiana", das prächtige Wohnviertel. Hier betrachtet man Bauli, dessen Name an den Helden Herkules und die Rinder des Geryon erinnert. Hier die Residenzen der Kaiser und Adeligen, die diese Landschaft bis in die späte Antike zahlreich besuchten. Selbst noch im 4.Jh.n.Chr. besang Simmaco die göttliche Ruhe in der berühmtesten Villa von Bauli.

 

DRUCK 1

 

Blick auf die Cento Camerelle - P. Petrini - 18.Jh.

 

Vier Schiffe, die von drei Säulenreihen unterteilt sind. Sechs Meter weiter unter erstrecken sich hohe Gänge, die noch antiker sind und direkt in den Tuffstein geschlagen wurden. Es wird vermutet, dass diese ineinander übergehenden Zisternen  der prachtvollen Villa des Orators Quintus Ortensius Ortalus angehören, die zuerst an Antonia Minore, Tochter von Marcus Aurelius und Mutter des Kaisers Claudius überging und später an seinen Neffen, den Kaiser Nero, der seine Mutter Agrippina in Bacoli eine tödliche Falle stellte.

 

DRUCK 2

 

Das Innere der Piscina Mirabilis - F. Morghen - 18.Jh.

 

Diese monumentale Struktur verdankt ihren Namen dem Dichter Petrarca, der sie bei einem Besuch als wundervolles Becken bezeichnet. Es handelt sich hierbei um einen Zisterne, die von dem Aquädukt des Serino gespeist wurde und die Flotte in Miseno versorgte. Eine imposante Konstruktion, die eine Höhe von 15 Metern, eine Länge von 70 Metern und eine Breite von 25 Metern misst. Noch heute kann die wasserundurchlässige Verkleidung besichtigt werden, die zur Zeit der Nichtnutzung abgekratzt wurde, um diese Ablagerungen in der Herstellung von Schießpulver zu verwenden.

 

DRUCK 3

 

Die Grabstätte von Agrippina - F. Morghen - 18.Jh.

 

Tacitus berichtet über den Mord, den Nero an seiner Mutter verübte. Er ließ ihren Leichnam verbrennen, der somit nicht bestattet werden konnte. Zeit darauf widmeten ihr ihre Diener eine Grabstätte auf der Straße nach Miseno. Aufgrund dieser Berichte und Überlieferungen wurden die auf dem Strand von Bacoli freigelegten Überreste als die "Grabstätte der Agrippina" identifiziert. Bei diesem Bauwerk handelte es sich jedoch um ein fast vollkommen zerstörtes Nymphäum-Theater einer Strandvilla.

 

DRUCK 4

 

Die Via Mercato del Sabato - P. Petrini - 18.Jh.

 

In der Ikonographie bestehen zahlreiche Aufzeichnungen dieser Straße, die noch heute mit dem selben Namen benannt die Ortschaft Cappella durchquert und auf der einen Seite in Richtung Miseno führt und auf der anderen in Richtung Fusaro-See und Cumae. Ungefähr auf dem gleichen Ort erstreckte sich einst die römische Nekropole von Miseno. Der Ortsname Cappella erinnert weitrhin an die antike Bestimmung dieses Gebietes.

 

DRUCK 5

 

Blick vom Mare Morto auf die Elysischen Felder  - C. L. Chatelet - 18.Jh.

 

Die Landschaft, über die sich heute die Wohnorte Bacoli und Miseno erstrecken, rühmte sich in der Antike mit prächtigen Patriziervillen und prunkvollen Königsresidenzen. Ohne Zweifel wurden die römischen Adeligen von dem milden Klima und dem Zauber dieser wundervollen Landschaft angezogen. Ein Zauber, der schon vor Zeiten den Mythos dazu verleitete, die Elysischen Felder hierher zu verlegen.

 

  

 

  

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